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Kurzlebige Kunst im GassiPod-Wald (aktualisiert 9. Juli)
Ganz ähnlich verhielt es sich dann mit den freien Kunstwerken, die – ich kann mich leider nicht mehr genau daran erinnern- vor etwa zwei bis drei Jahren erstmalig hier im Wald auftauchten. Sie sind eindeutig das Werk eines begabten Handwerkers und Künstlers, der – anonym bleibend – von Zeit zu Zeit etwas Neues aufstellt.
Man geht durch den Wald und hängt seinen Gedanken nach, als das Auge plötzlich an etwas haften bleibt, was ungewöhnlich erscheint, oft genug auch farbenfroh. Man nähert sich vorsichtig und es breitet sich dieses spezielle innere Lächeln aus. Ich kann es nicht genau erklären, aber diese Farbenklekse im Wald machen einfach Spaß. Man tauscht sich mit Freunden und Bekannten gerne und begeistert über die neuesten Installationen aus und macht sich schnell auf, es zu sehen, wenn einem wieder etwas Neues zu Ohren kommt – bevor es verschwindet oder zerstört wird.
In der Tat erfreuen die Kunstwerke wohl die Mehrheit der Waldspaziergänger – aber wie so oft findet sich immer jemand, dem etwas nicht gefällt. Wie an diesem Kommentar des zugehörigen Artikels aus dem informativen Bürgerportal Bergisch Gladbach ersichtlich, macht sich wohl schon seit geraumer Zeit ein Mittvierziger regelmässig auf, um die Kunstwerke zu zertrümmern und die Reste einfach in den Wald zu schmeissen. Darauf angesprochen, erwiderte er nur lapidar, dass das nicht in den Wald gehöre und er das nicht auch noch wegräume.Durchaus nachvollziehbar ist das Argument, dass die Natur belassen werden sollte, wie sie ist. Jedoch weist der Künstler mit seinen Kunstwerken genau auf Stellen hin, wo der Mensch die Natur verändert hat: An Wegkreuzungen, Bachbegradigungen und Baumstümpfen. Wer ein wenig nachdenkt, kann auch Bezüge zu Umgebung und Vorkommnissen herstellen:
- Ein bunter Baum an einer Schonung, wo vor einigen Jahren durch einen Strum eine riesige Schneise gezogen wurde und sich nun ein Birkenhain (als echte Pionierpflanzen) gebildet hat.
- Ein aufgrebrochenes, blutendes Herz aus Holz, nahe der Stelle an eben jener Schonung, an der die Jäger im vergangenen Dezember am hellichten Tag mittels einer Treibjagd ein wahres Gemetzel unter den Wildschweinen angerichtet haben. Angeblich wurden 18 Tiere erlegt, einige liefen noch blutend quer durch den Wald bis über die Straße, die den Wald und den (umzäunten) Golfplatz trennt. Auf dem festgetretenen Schnee der Wege waren die Blutlachen noch viele Tage zu sehen gewesen.
Ich habe in der Galerie die meisten Kunstwerke dokumentiert – ebenso ihre sinnlose Zerstörung, die ich immer noch nicht nachvollziehen kann. Dem Spießbürgertum somit zum Opfer gefallen sind mittlerweile:
- Die Stele an der „Fünferkreuzung“ (abgetreten und in den Wald geschmissen, schließlich gestohlen)
- Der wundervolle bunte Baum (in Stücke zerschlagen und vom Sockel getreten)
- Das „Blutende Herz“ (zertrümmert und in die Schonung geschmissen)
- Die meisten der bunten Scheiben (abgerissen und in den Wald geworfen)
- Der „Marterpfahl“ (gestohlen oder in den Wald geworfen)
- Die Sägeblätter (Ende März abgetreten)
- Ein Kreis aus schwarzen Steinen im Wasser mit einem gelben Ei (Ei gestohlen, Steine vertreut)
- Ein Bügel mit „Kokosnüssen“ (nicht im selben Wald)
- Ein neongelber Baum (ca. 15m links neben dem Spinnenetz), zerstört, aber von Liebhabern der Kunst wieder halbwegs aufgerichtet
- Ein gespaltenes Stück Holz, mit rotem und blauem Wachs beträufelt (symbolisiert wohl die Naturgewalten, die dem nebenstehenden Baum per Blitz zugesetzt haben
- Etliche bunte Schneckenhäuser (werden gerne von Passanten mitgenommen – dies ist vielleicht aber auch so vom Künstler gewollt und nicht so schlimm)
- Der Holzring mit dem Keil
Die Kunstwerke, die es Stand heute (14. April 2011) noch zu entdecken gibt:
- Der Baum mit roten Pilzen
- Einige restliche bunte Scheiben
- Einige Schneckenhäuser
- Ein riesiges Spinnennetz
- Eine Flamme, die auf die aktuelle Waldbrandgefahr hinweist
- Ein rot-blauer Pferdekopf, etwa 30m von der Flamme entfernt
- Eine „Besiedelung“ (mit Knöpfen)
Zum Glück habe ich von all diesen Kunstwerken noch Fotos machen können oder wurden mir zugeschickt (siehe Galerie).
Man kann nur hoffen, dass uns der unbekannte Künstler auch weiterhin viel Freude bereitet! Ansonsten würde ich ja gerne mal ein anonymes GassiPod-Interview mit dem Künstler machen und ihn Fragen stellen wie:
- Wie kam er auf die Idee und was inspiriert ihn?
- Wie definiert er für sich diese Art von freier Kunst?
- Wie setht er zu der teilweise kurzen Lebensdauer seiner Werke, ist dies das gängige Schicksal „freier Kunst“?
- Anonym bleibend, ist es schwer, Feedback zu bekommen von den Menschen, die sich mit seiner Kunst befassen bzw. Gedanken dazu machen. Wie steht er zu dieser Art einseitigen Dialog, behindert oder fördert es seine Arbeit?
- Spezifisch auf die Werke eingehend – was hat er sich bei den jeweiligen Installationen gedacht, welche Aussagen sieht er darin?
- … usw.
Vielleicht ergibt sich ja mal die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Gassigang; jedenfalls würde ich mich über eine Kontaktaufnahme sehr freuen.
Aktualisierung 17. März: Mittlerweile gibt es nun auch einen guten Artikel im „Bergischen Teil“ des Kölner Stadtanzeigers über diese Waldkunst
Aktualisierung 30. März: Die Sägeblätter aus Holz, die den Holzeinschlag symbolisierten, wurden kürzlich wie erwartet abgetreten und zerstört. Dafür gibt es ein riesengroßes, sorgfältig geknüpftes Spinnennetz und einen neongelben Baum – siehe Fotos. Die schwarzen Steine liegen wohl noch verstreut am Rand im Wasser.
Aktualisierung 25. Mai: Es wurden wieder einige Kunstwerke zerstört, dafür gibt aber es ganz aktuell eine schöne „Flamme“, die wohl auf die aktuelle Waldbrandgefahr hinweisen soll (s. erstes Foto).
Aktualisierung 9. Juli: 30m neben der „Flamme“ gibt es nun einen blauroten „Pferdekopf“ und an der Stelle, wo einmal der wunderschöne Regenbogenbaum stand, gibt es nun eine „Besiedelung“ (Kunstwerk mit verschieden großen Knöpfen). Dafür hat jemand den schönen Holring mit dem Flammenkeil entfernt, nachdem dieser fast ein Jahr überstanden hatte.
Haloa Tom!
Mit Interesse habe ich das Thema im Gassipod verfolgt. – Schön, dass es jetzt dazu etwas zum Gucken gibt.
Es sind ja echt schöne Stücke, die der Künstler dort angefertigt hat.
Hoffentlich bleiben sie erhalten.
Es ist bedauernswert, dass manche Menschen ihren Frust immer an den Dingen auslassen müssen, die anderen gefallen. Aber welche Konsequenzen haben sie auch zu fürchten?
Offensichtlich keine. So wird auch noch freizügig gefilmt, wie man randaliert und demoliert und das Ergebnis ins Internet gestellt; zum Profilieren und zum Runterladen für alle Freunde und Bewunderer.
Viele Grüße
TJ.
Update: Den Baum hat jemand versucht, wieder halbwegs aufzustellen – dafür sind die schwarzen Steine im Wasser schon nach nur einen Tag verschwunden…
Schlimmer – der geschnitzte Marterpfahl wurde gerade auch geklaut, aber das war mir fast klar. Kunstobjekt zum Nulltarif…